Mittwoch, 29. April 2015

Eisige Zeiten, Misteln, und die Frauen und die Motorbootfahrer, 14. Tag



Heute, am 29.4.15, war Wecken um 5:00 Uhr, ja, morgens!
Ausgelaufen bin ich dann leise wie ein Eichhörnchen aus dem netten Yachthafen Hannover mit dem netten Hafenmeister und seinem netten Stellvertreter und natürlich  mit „Schimanski“.
 
Eisige Zeiten

Statt Eichhörnchen hätte ich vielleicht lieber „Schneeleopard“ sagen sollen, denn ich hatte tatsächlich Eis auf Deck, als wir losfuhren. Das Tief im Nordosten und das Hoch im Südwesten haben eisige Polarluft über mein Boot und mich geleitet, das blieb den ganzen Tag so, jetzt im Yachthafen Lübbecke ist es richtig kuschelig und die Leute hier sind nett und freundlich.




 „Kanalfahren ist doch langweilig“, ich höre noch die Kommentare vor der Abfahrt.
 
Sieht sommerlich aus - aber brrrrr.

Wie durch einen Park zu gleiten....

Sonne im Rücken



Nein, ist es nicht, es ist sogar richtig abwechslungsreich.
Nun gut, vielleicht bin ich mit einem anspruchslosen Gemüt gesegnet, dass auch mit wenig Reizen zufrieden ist – aber alle, auch Segler, die ich bisher getroffen habe, sahen es ähnlich – und waren teilweise selbst überrascht.


"Kunst" am Bau

Abwechselung



Besonders der Mittellandkanal ist erstaunlicherweise sehr vielfältig.
Industrie wechselt sich ab mit Rapsfeldern (Ist denn schon Sommer?  Muss eine frostharte Sorte sein!), unberührter Natur, Kulturlandschaft (prosaisch ausgedrückt: Äcker und Wiesen), Wäldern, hochgelegenen Strecken, von denen man aus der 1. Etage in die Landschaft guckt, der kunstinteressierte newwave Betrachter sieht an den unzähligen Brücken immer wieder andere Graffitis, man überquert auf dem Kanal Straßen und andere Flüsse (Leine und Weser) – und passiert immer wieder neue und andere Uferformationen.

Überall Künstler

Naj, wer soll das sein?

Kilo Watt Calorien?

Dann doch lieber wieder Natur.






Hafen Idensen, ganz nett, aber zu früh.

Augenweide




Etwas weiter entfernt der Deister, ein bewaldeter „Berg“ in Hannovers Nähe, dort habe ich fast jedes Schuljahr eine Woche verbracht – „Lernen am anderen Ort“, heute würde man es „Projektwoche“ nennen – in unserem Schullandheim in Eldagsen.

Und wieder Natur


  
Auch das gehört dazu


 
Der Deister- irgendwo ist Eldagsen.

 Pupertäre Erinnerungen – dann ist aber auch Schluss mit den Erinnerungen, denn ab heute
wird (immer weiter westlich) Neuland betreten – Erinnerungen an die Küchen- und Putzhilfe im Schullandheim, wir fanden, sie sah aus wie Kleopatra, genannt haben wir sie dann – wenig gentlemanlike – Klo-Petra. Was mag wohl aus Klo…ähh,  Kleopatra geworden sein?




Wie komme ich eigentlich auf so etwas, muss ich mich selbst fragen, ja.

Stammtisch-Mitsegler würden wahrscheinlich ein ähnliches Thema anschneiden und fragen „… und Frauen, unterwegs?“ – wahrscheinlich komme ich deshalb darauf …





Ja Frauen, gibt’s die unterwegs?
Ja, es gibt sie, zum Beispiel die Joggerin entlang des Kanals, neben der ich mindestens 20 Minuten hergefahren bin (gleiches Tempo), bis sie sich mit ihrer ganzen Frauenpower dann der überlegenen Dieselpower des 18 PS Yanmar  geschlagen geben musste und zurückfiel.
Das ist Olga aus Berlin, ein "Schubverband", die Olga schiebt ...
Oder Olga aus Berlin, der ich gezeigt habe, wo der Ha…, locker abgehängt – hat aber gedauert. 

 
Olga abgehängt ...

 Und eben die Erinnerungen an das Schullandheim und seine Küchenhilfe.


Misteln - der schöne Brauch, selten gepflegt

Aber sonst ist in dieser Beziehung nichts los, in den Hafen, nur Männer, unterwegs, allenfalls Vermummte, wegen der Kälte.

Hübsch fand ich unterwegs auch die vielen Bäume mit Misteln darin, wer darunter durchkommt muss geküsst werden (alter Brauch) – und wer küsst mich?



Neben all diesen doch ganz natürlichen Gedanken (oder?) kommt im MLKl auch die Natur nicht zu kurz, ich habe Gänse gesehen, die ich nie vorher gesehen habe, nicht grau, sondern „modern Art“, ich nenne sie Designergänse – und ich habe die ersten Störche getsehen, gleich 6 Stück – ein gutes Zeichen, der Sommer ist also im Anmarsch. Leider waren beide, Disigner-Gänse und Störche kamerascheu.

Nochmal: Langweilig – nicht die Spur.

Vorbei an der Porta Westfalica in der Ferne ist mein heutiges Ziel Lübbecke, immerhin  sind das über 80 km von Hannover, die zeitlich sehr leicht vorauszuplanen sind, denn die Durchschnittsgeschwindigkeit ist ziemlich genau 10 km/h, mit den Kilometerangaben am Kanal, weiß man genau, wann man am Ziel sein wird.
 
Brücke über die Weser und hinten die "Westpfälische Pforte"
Die Porta Westfalica hängt zusammen mit dem Schauplatz einer heftigen Schlacht zwischen Römern und Germanen vor ungefähr 2000 Jahren, die Varus-Schlacht war das, der Cheruskerfürsten Arminius soll gewonnen haben und die Römer mit seinem Sieg im Teuteburger Wald aus der Gegend vertrieben haben.
So eine Art Asterix also – aber heute ist es hier ganz friedlich und ich tuckere weiter dem Ziel entgegen.



Zu Schluss noch ein Wort zu den Motorbootfahrern, die hier naturgemäß klar in der Überzahl sind. Mir fällt auf, dass Einige (ich habe ein paar getroffen), nicht wissen, wie tief es unter ihnen ist.
Ich komme vorsichtig, mit Blick auf’s Echolot in den Hafen, frage den Bootsfahrer auf seiner Motoryacht, wie tief es hier denn wohl sei und wo ich mit 1,50 Meter Tiefgang hin könnte – und ernte nur Schulterzucken. Keine Ahnung, ist wohl nicht so wichtig hier.

Der Funkspruch des Tages:
„Hallo, hallo, ich bin Rentner und komme nicht in die Schleuse ´rein, meine Frau steht schon an Land.“